zeichnen – ein Strich ist ein Strich, ist ein Strich, ist ein Bild.

Das erste was ich jemals gezeichnet habe, waren Buchstaben. Es war keine Freude diese unnatürlichen Gebilde entlang einer Linie zu zeichnen – aber kleine Kinder sind ja bestechlich. In der Schule zeichnete ich die obligatorischen Häuser, Bäume und Sonnen. Auch das machte nicht wirklich Spaß, aber ich konnte es besser als meine Mitschüler und es war eine willkommene Abwechslung.

Mit Fünfzehn änderte sich meine Einstellung zur Graphik und zur Kunst allgemeinen. „Schuld“ daran hat eine bemerkenswerte Frau, meine Lehrerin Loukia Christodoulou. Ihre Unvoreingenommenheit und Begeisterung öffneten mir neue Welten. Ich werde Ihr dafür nie genug gedankt haben können.

Die folgenden Skizzen und Zeichnungen sind zwischen 1987 und 1992 entstanden. Seit 1994 habe ich nicht mehr ernsthaft gezeichnet, aber eines Tages könnte es mich wieder packen.

singen – wie man laut ausatmet ohne dafür erschlagen zu werden.

…and a sound arose of endless interchanging melodies woven in harmony that passed beyond hearing into the depths and into the heights, and the places of the dwelling of Iluvatar were filled to overflowing, and the music and the echo of the music went out into the Void, and it was not void.

Tolkien, The Silmarillion

Nach Aussage meiner Mutter, war ich in meinen ersten Lebensmonaten ein nervenzerfetzender Schreihals. Meine Eltern waren so verängstigt, daß sie mich ins Krankenhaus brachten. Diagnose der Ärzte nach sechs Wochen Beobachtung: Lassen Sie ihn schreien, er hat kräftige Lungen. Also ließen sie mich schreien und ich hörte irgendwann auf damit.

In der Schule folgten dann weitere traumatische Episoden, die sich hemmend auswirkten. Meinen Dank dafür an Fr. Marina und die Herren Darras und Zografos.

Erst durch meine Begeisterung für Michael Jackson (ja, doch) und das dadurch geweckte Interesse an Musik und Tanz, sublimierte sich der Drang, zur Lust am Singen. Weniges ist mit dem Gefühl vergleichbar das einen erfaßt, wenn ein Ton aus einem erwächst und der eigene Körper zum Resonanzkörper wird – zum Instrument für etwas so wenig greifbares. Es ist zudem ungemein praktisch, verglichen mit dem Zeichnen.

lesen – der Verzehr konservierten Denkens

Im Innenhof zu unserer Wohnung war damals eine Druckerei. Sie gehörte Herrn Imhof, einem freundlich blickenden Herrn mit Brille und Schnurbart, der mich immer an den Peter Lustig von Löwenzahn erinnerte. Auf jeden Fall lagen dort neben den Steintafeln, in der Ecke hinter der Tür, zwei Kartons mit alten Micky Maus Heften seiner Kinder neben der großen schwarzen, laut stampfenden Maschine herum. Am Anfang sah ich mir die Bilder an, dann aber wollte ich wissen was in den weißen Blasen über den Köpfen von Micky und Donald stand. Also nervte ich die nächste Zeit meine Mutter und Herrn Imhof mit was steht da? So lernte ich lesen.

[Buchcover: Haben oder Sein - Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft, Erich Fromm.]Der nächste große Einschnitt kam mit Dreizehn, als ich Süßigkeiten suchend, in der Kommode meiner Mutter das Buch Haben oder Sein - Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft von Erich Fromm fand. Das irritierte mich sehr, zumal es noch eingepackt war und es nicht die Art von Buch zu sein schien, die meine Mutter sonst las. Ich fing an darin zu lesen: ich war fasziniert, ich las es mehrmals – kreuz und quer; ich wollte mehr. Zu der Zeit öffnete die Stadtbibliothek am Gasteig. Das waren schicksalhafte Momente…